Das ursprünglich in den grenzenlosen Weiten der asiatischen Steppengebiete beheimatete Pferd hat mit dem Wechsel in die Obhut des Menschen ohne Zweifel beachtliche Vorteile hinsichtlich Fütterung, Pflege und Schutz vor Feinden erfahren. Dagegen hat es seine angeborenen Bedürfnisse an uneingeschränkter Bewegung und Frischluft in oft nicht mehr vertretbarem Maße eingebüßt. Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, wenn beim neuzeitlichen Pferd Beinschäden (32 %) und Atemwegserkrankungen (26 %) seine Nutzung vorzeitig beenden.
Die häufig nur auf wenige Stunden pro Woche beschränkte Arbeit bringt es mit sich, daß die Lunge nicht ausreichend trainiert wird und die Randbezirke nur mangelhaft beatmet werden. Erst gewisse Leistungseinschränkungen bei eigentlich guter Allgemeinkondition sind die ersten Hinweise auf eine bereits bestehende Beeinträchtigung des Atemvermögens.
Bedauerlicherweise werden die Anfänge dieses Befundes sehr oft bereits im Fohlenalter gesetzt durch nicht oder zu spät erkannte Infektionen des Atmungsapparates: Es kommt zu Schleimhautschädigungen mit verstärkter Schleimabsonderung und Blockade der Lungenbläschen mit daraus sich ergebender Behinderung des Sauerstoffaustausches. Von Fachleuten wird die Vermutung geäußert, daß ca. 50 % aller Pferde zu sogenannten "stummen Bronchitikern" zu rechnen sind. Wenn diese "stummen Bronchitiker" zum großen Teil infektionsbedingt sind, dann ergibt sich zwangsläufig die Frage, ob unsere Pferde nicht zu kostbar, zu teuer sind, um sie diesem Risiko schutzlos auszusetzen!
Um die überragenden Fähigkeiten des Pferdes in Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer auch nutzen zu können, besteht für seinen Besitzer geradezu die Pflicht, insbesondere den Atmungsapparat in optimaler Funktion und Leistungsfähigkeit zu erhalten. Dank der Fortschritte in der Medizin verfügen wir inzwischen über Präparate, die eine überzeugende Krankheitsvorbeuge ermöglichen.
Eine wirksame Vorbeuge ist jedoch nur möglich, wenn man sich über die krankheitsauslösenden Zusammenhänge Klarheit verschafft und die Gegenmaßnahmen gezielt darauf abstimmt.
Bei der Bekämpfung von Virusinfektionen sind durch den Einsatz von Chemotherapeutika nur unbefriedigende Erfolge zu erwarten. Diese Erreger werden durch den vorbeugenden Einsatz von Impfstoffen, d. h. durch die Steigerung der spezifischen körpereigenen Abwehrkräfte, weitaus effizienter bekämpft. Der Erfolg einer Impfung ist zunächst direkt abhängig von der Beachtung des jeweiligen Impfregimes. Häufig genügt die Impfung allein jedoch nicht, um das Krankheitsgeschehen befriedigend in den Griff zu bekommen. Die Impfung ist zweifellos ein zentraler Mosaikstein im Verbund mit zusätzlichen begleitenden Hygienemaßnahmen, sie kann aber nicht Ersatz für mangelhafte bis unsachgemäße Betreuung sein.
Optimierung in der Stallhygiene sowie Optimierung in der Futtergewinnung und in der Futterverteilung müssen Hand in Hand mit der Impfung zum Wohle des Pferdes erfolgen.
Als die bedeutendsten Erreger von Atemwegserkrankungen beim Pferd gelten insbesondere Influenza- und Herpesviren.